Mittwoch, 11 Mai 2011 22:14

Heissausbildung bei der BF München

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Wer einen beheizten Pizzaofen öffnet, dem schlägt eine Walze heißer Luft entgegen. Die Pizza soll ja auch bei 400°C schnell durch und knusprig gebacken sein. Keiner ist so verrückt und setzt sich freiwillig in ein solches Milieu. Keiner? Doch eine Gruppe unverbesserlicher wagt das Experiment. Denn bei den Atemschutzgeräteträgern der Feuerwehren ist die „Heißausbildung“ immer häufiger wichtiger Bestandteil. Und um mal in den Genuss einer solchen Wärmegewöhnung zu kommen ist es gelungen im Rahmen einer Untersuchung eine Heißausbildung bei der Berufsfeuerwehr München zu organisieren. Das ist nicht selbstverständlich, denn die Plätze sind nur für die Feuerwehrleute der Feuerwehr München reserviert. So sind wir zu acht am 11.05.2011 nach München in die Feuerwehrschule der BF gefahren. Das Los sollte entscheiden, welche vier glücklichen Gewinner in den vorbereitetn Parcours gehen.
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Nach der Einweisung ging’s los: Schutzkleidung anziehen,  Pressluftatmer aufsetzen und erstmal sechs Stockwerke in voller Montur hoch- und dann wieder runtergehen. Man nennt das den Kreislauf in Schwung bringen. Anschließend Puls und Sauerstoffsättigung des Blutes messen.

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Und nun wurd’s heiß. Im Brandraum flammte ein Gasfeuer, das nach kurzer Zeit den Raum auf 310°C am Boden und auf ca. 700°C an der Decke aufgeheizt hat. Da hockten wir nun und sollten tatsächlich zehn Minuten im übergroßen Pizzaofen verbringen? In der Zeit ist jenes italienische Nationalgericht schmackhaft gebacken und reif zum Servieren! Hatten wir eigentlich das Kleingedruckte gelesen? Was sind schon 30°C im Sommer am Badesee? Wie lange hält das die Schutzkleidung ab? Ab jetzt waren in dieser Hölle verschiedene Aufgaben zu bewältigen. In der Hocke am Boden gekauert und die Augen ungläubig auf den Instruktor gerichtet zogen wir alle die Schutzhandschuhe aus. Um mal zu fühlen, wie das so ist. Respekt! Dann mal die Schutzkleidung des Nachbarn fühlen. Heiß! Und die Königsdisziplin war Aufstehen. Die Hitze schlägt einen fast um. In 600°C heißer Luft stehen! Bungeejumping ist ne Lachnummer dagegen! So langsam und unaufhaltsam kroch die Temperatur durch die Klamotten. Endlich wieder raus und messen. Was machen der Puls und die Sauerstoffsättigung?

 

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Nach einer kurzen Pause ein zweiter Durchgang. Noch einmal da rein, geht das? Es muss! Diesmal mit einer anderen Aufgabe: Im Brandraum hat der Instruktor mit dem Strahlrohr eine dicke Salve Wasser an die Zimmerdecke aufgebracht. („Ich hab mal gelernt, daß die Schutzanzüge für den Innenangriff trocken bleiben sollen. Sonst geht’s einem wie der Kartoffel im Schnellkochtopf! Und jetzt?“) Sofort verteilte sich die Temperatur an der Zimmerdecke im ganzen Raum. Der Härtetest! Nun war es egal, ob wir am Boden kauerten oder aufstanden. Dann noch eine zweite Salve. („Ist der verrückt?“). Wieder unerträgliche Hitze. Dann raus, geschafft. Eine sehr nachhaltige Erfahrung brennt sich ins Gedächtnis. Gut so. Durch den Schweiß, den wir jetzt vergossen haben, gewinnen wir mehr Souveränität für einen Ernstfall.

Anschließend hatten wir noch die Gelegenheit die Feuerwache2 der BF München zu besichtigen und mal beim Hofbräuhaus vorbeizuschauen. Wenn man schon mal da ist. Ein toller Trip mit wichtigen Erkenntnissen.

Und wozu das Ganze? Eine real simulierte Übung ist immer besser, als wenn man sich nur „trocken“ oder theoretisch vorbereitet. Der Schweiß, die Anstrengung trainiert am besten für einen Ernstfall. Wir haben hier auf dem Land viel weniger „heiße“ Einsätze unter Atemschutz und deshalb fehlt oft die Erfahrung mit Brandräumen. Wir sind ja auch froh, wenn ein Pilot den abzuwendenden Absturz seiner Maschine nicht mit uns Passagieren übt, sondern sich in einem Simulator darauf vorbereitet.

Im Zuge einer Untersuchung über die „Gefährdungseinschätzung von Heißausbildungen“ war es für uns überhaupt möglich, diese Fahrt zu unternehmen und an dieser speziellen Ausbildung teilzunehmen. Im Vorfeld haben wir ein Atemtraining absolviert, daß die Gefahren von körperlichen Überreaktionen in Brandräumen minimieren kann. Es ist nicht selbstverständlich Freiwillige zu finden, die auch noch einen Tag Urlaub aufbringen um mitzumachen. Und dann trifft auch noch das Los die Entscheidung, wer in die Heißausbildung geht! An dieser Stelle bedanke ich mich ganz herzlich bei allen die dieses Unterfangen mit ihrer Teilnahmebereitschaft unterstützt haben. Ihr seid ein tolles Team!

Michael Wolf

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